Die 3er E30 – Limousine

(1982 – 1991)

 

325e, Modelljahr 1984/85

Mit der Baureihe E30 kam nach sechsjähriger Entwicklungszeit im November 1982 der zweite 3er-Klassiker auf den Markt, zu Beginn mit den Modellen 316, 318i, 320i und 323i. Vorerst wie beim E21 nur als zweitürige Limousine (trotz vorhandener B-Säule immer wieder gerne auch fälschlicherweise als „Coupe“ bezeichnet) wurde erstmals auch ein Viertürer abgeleitet, welcher ab September 1983 in den Verkauf kam. 1985 hielten mit dem 325iX der permanente Allradantrieb sowie beim 324d der Dieselmotor erstmalig in einem 3er Einzug.

Das Design-Team um Claus Luthe hatte in der Entwicklungsphase des E30 große Anstrengungen unternommen, trotz erheblich modernisierter, gestraffter und dynamischerer Formgebung einen Bruch mit dem Design des Vorgängermodells E21 zu vermeiden. Dabei war das Kunststück gelungen, den Wagen trotz geringfügig geringerer Länge, gleichem Radstand und gleicher Höhe flacher und gestreckter aussehen zu lassen. Gleichzeitig hatte man den cw-Wert um 10% verbessern können. Tatsächlich waren die technischen Änderungen gegenüber dem Vorgängermodell größer als die optische Ähnlichkeit Glauben machen könnte: Die komplett neu konstruierte Vorderachse senkte den Auftrieb im Vergleich zum E21 um ganze 38% und auch die Hinterachse war erheblich überarbeitet worden. Dennoch, vergleicht man den E30 mit modernen 3ern kann man sein Fahrverhalten, speziell bei Nässe, heutzutage durchaus schon mal als heikel bezeichnen…

Antriebsseitig bestand die Modellpalette des E30 grundsätzlich aus Vier- und Sechszylinder-Motoren. Bis Ende Modelljahr 1987 wurde in den Modellen 316 (1,8l, 90PS – der letzte Vergasermotor im 3er) und 318i (1,8l, 105PS / bzw. 102PS Kat) ausschließlich der robuste und drehfreudige, wenn auch in mittleren Drehzahlbereichen etwas zähe, Vierzylinder-Motor M10 verbaut. Zuletzt noch 1983 als Basis der BMW Formel-1-Motoren zu Weltmeisterruhm gelangt, ging seine Grundkonstruktion dennoch auf die frühen 1960er zurück. Kein anderer Motor der Marke hatte (und würde) sich so lange erfolgreich im Programm halten könnten.

Sein Nachfolger sollte der zusammen mit dem Zwölfzylinder M70 völlig neu entwickelte Vierzylinder M40 werden. Gepaart mit einem modernen Motormanagement wies er mehr Drehmoment im unteren und mittleren Drehzahlbereich auf. Der „neue“ 318i (1,8l, 113/115PS Kat) kam mit dem Beginn des Modelljahres 1988 auf den Markt, parallel dazu verbaute BMW noch ein Modelljahr lang die Restbestände an M10-Motoren im 316i (1,8l, 102PS Kat), eher der M40 ab 1989 auch dort zum Einsatz kam (1,6l, 99/101PS Kat).

Motorraum 318i M40. Das Bild zeigt, wie an den Federbeinversteifungen erkennbar, ein Vollcabrio.

Für die letzten zwei Produktionsjahre stellte BMW dem M40 den ersten Vierventil-Motor M42 im 318is (1,8l, 136PS Kat) zur Seite. Ursprünglich für den Nachfolger E36 gedacht, fehlte BMW nach dem einschlagenden Erfolg des M3 jedoch ein Einstiegsmodell für die kleineren Klassen im Motorsport. Der 318is wurde auch in der seriennahen Gruppe N homologiert und ist bis heute das am häufigsten eingesetzte E30-Motorsportmodell. Im Rallyesport gab es eine Serie ausschließlich für den 318is.

Im Gegensatz zum 3er E21 war der E30 bereits von Anfang an auch als Sechszylinder mit dem M20-Motor lieferbar, beginnend entweder als 320i (2,0l, 125PS) oder 323i (2,3l, 139PS). Als einziges Modell sollte sich der 320i mit leichten Änderungen (u.a. 129PS Kat) durchgehend bis zum Produktionsende halten. Der 323i erstarkte mit dem Modelljahr 1984 auf 150PS, ehe er zum Modelljahr 1986 vom endgültigen Spitzenmodell 325i (171PS bzw. 170PS Kat.) abgelöst wurde.
Zwischenzeitlich, von 1985 bis Ende 1987, ergänzte BMW die Sechszylinderpalette noch um den drehmomentstarken, verbrauchsoptimierten 325e (122PS Kat). Das „e“ steht bei ihm für den griechischen Buchstaben „eta“, in der Physik auch als Symbol für den Wirkungsgrad bekannt. Sein 2,7l-M20 war ein geistiges Kind der Ölkrise – eine Kombination aus großem Hubraum, hoher Verdichtung, zwei zur Reibungsreduzierung eingesparten Nockenwellenlagern, niedrigen Betriebsdrehzahlen (Höchstdrehzahl 4.900 U/min!) und langen Achsübersetzungen, alles mit dem Ziel den Benzinverbrauch möglichst gering zu halten. Das Ergebnis versprühe allerdings in den Augen vieler Kunden nicht gerade die gewohnte Freude am Fahren. Dazu kam, dass die für das Konzept notwendige hohe Verdichtung beim E30 der aufkommenden Abgasreinigung mittels 3-Wege-Katalysator zum Opfer gefallen war und das Benzinspar-Konzept somit bereits wieder verwässert wurde. Ab Januar 1987 drehte der eta dann weitere 500 U/min höher, leistete 129PS und fuhr sich auch schon eher wie man es von einem BMW gewohnt war. Dennoch war es für ihn das letzte Hurra, vom Markt verschmäht verschwand der 325e mit dem Ende des Modelljahres 1987 ersatzlos.

Ab 1985 rundete dann im 324d (2,4l, 86PS) der erste Dieselmotor die Produktpalette des 3ers E30 ab. Sein Sechszylinder-Wirbelkammer-Diesel mit der Bezeichnung M21 entstammte dem 5er E28, kam jedoch im E30 anfangs nur als reiner Saug-Dieselmotor zum Einsatz. Erst mit der Modellpflege 1988 erweiterte BMW das Angebot um den Turbo-Diesel 324td (2,4l, 115PS). Wie der eta ein weiterer „Vernunftmotor“ ohne große sportlichen Ambitionen wurde der Dieselmotor dem interessierten Käufer, heute undenkbar, sicherheitshalber ausschließlich im Viertürer (Limousine und Touring) angeboten. Der Fokus des M21 lag eindeutig auf dem Komfort. Auch wenn die zeitgenössische Presse sich hinsichtlich seines Temperaments nicht unbedingt einig war, lobte sie dennoch einstimmig Laufkultur und Geräuschemission.
Anfangs noch als „schadstoffarm“ steuerlich gefördert, machte die deutsche Umwelt- und KFZ-Steuerpolitik den Modellen am Gebrauchtmarkt jedoch bald wieder den Garaus – viele gute Fahrzeuge gingen daher früh in den Export oder dienten allein wegen ihrer geschmiedeten Kurbelwelle als Teilespender für so genannte „327i-“ Motorumbauten. Stand 2020 waren beim Kraftfahrt-Bundesamt keine 200 Fahrzeuge mehr gelistet. Ein mehr als unverdientes Schicksal für ein Modell, welches letztlich mit den Grundstein für die Motorenpalette der modernen Marke BMW gelegt hat.

Rückblickend waren die 1980er im Automobilbau geprägt durch wesentliche Weiterentwicklungen, die man durchaus als Durchbruch für die spätere Entwicklung sehen kann. In der Motorsteuerung gelangte die elektronische Gemischaufbereitung zur Serienreife. Während der 316 (ohne i) noch mit einem Vergaser ausgestattet war, arbeiteten unter den Hauben von 318i bis 323i bereits diverse Varianten früher elektronischer Einspritzanlagen vom Typ Bosch L-Jetronic mit Luftmengenmessung. Selbst die K-Jetronic hatte es noch den E30 geschafft – allerdings nur für das erste Modelljahr (1983) und auch dort nur im 318i. Charakteristisch für die Motorraumoptik bei den Fahrzeugen dieser ersten E30-Generation sind dabei auch viele Leitungen, Unterdruckschläuche, Fühler und Geber, da es für viele Funktionen (z.B. Zündung oder Kaltstart) noch separate Bauteile gab. Mit der Einführung des 325e bei den M20-Motoren und später des M40 der kleinen Motorisierungen war die Digitale Motor-Elektronik (Bosch Motronic) zur Serienreife gelangt, deren kombinierte Einspritz- und Zündanlage mit integrierten Funktionen den Motorraum deutlich übersichtlicher machten.

Motorraum 318i M10 (1987). Man beachte die aufwändige Verschlauchung sowie das separate Zündsteuergerät (links).

Beginnend ab Januar 1984 mit dem 318i hielt die Abgasreinigung mit geregeltem 3-Wege-Katalysator in die Motorpalette des 3ers Einzug, jedoch u.a. durch die notwendige Rücknahme der Verdichtung allerdings auf Kosten von Leistung und Verbrauch. Zuerst noch bei ausgewählten Modellen als aufpreispflichtiges Extra, war der Katalysator bis Produktionsende in Deutschland zur Serienausstattung der E30-Benziner geworden. So waren die M40-Vierzylinder bereits ab Markteinführung ausschließlich auf Katalysatorbetrieb ausgelegt.

Im Rahmen ihrer fast neunjährigen Produktionszeit wurde die Limousine zwei Mal einer optischen Modellpflege unterzogen, jeweils zum Modelljahr 1986 und 1988 (bei BMW üblicherweise in den Herbstferien des Vorjahres beginnend). In der Szene haben sich über die Jahre für diese Modellvarianten die Bezeichnungen „VVFL“ (Vor-Vor-Facelift, bis 9/85), „VFL“ (Vor-Facelift, zwischen 9/85 und 9/87) und „NFL“ (Nach-Facelift, ab 9/87 bis Produktionsende) eingebürgert.

318i, Modelljahr 1984

Die Fahrzeuge der ersten Modellpflege (VFL) fallen auf den ersten Blick von außen nur durch ein geändertes Frontblech samt Abschlussblende unterhalb der Stoßstange auf. Auch wenn das Auto nun etwas moderner wirkte, der eigentliche Grund war die Notwendigkeit unter dem Blech zusätzlichen Platz für den hinzugekommenen Ölkühler des neuen Topmodells 325i (2,5l, 171PS) zu gewinnen. Viele winzige Detailänderungen betrafen die Gestaltung des Innenraums, die eigentliche Modellpflege geschah in der Technik. Unter anderem war der 3er jetzt erstmalig mit Anti-Blockier-System lieferbar, wenn auch nur gegen Aufpreis und für die Sechszylinder-Modelle. Auch wenn ABS später ebenfalls für die Vierzylinder-Modelle angeboten wurde, sollte es neben dem 325i (in allen Varianten) nur beim M3 zur Serienausstattung gehören.

318i, Modelljahr 1987

Die optischen Unterschiede der zweiten Modellpflege sind hingegen immens. Stellt man einen E30 mit Chromstoßstangen und seiner filigranen Optik neben seine Vorgänger, einschließlich der 02-Reihe ist seine Verwandtschaft unverkennbar. Im Lauf der 1980er Jahre hatte sich der Geschmack der Kundschaft gewandelt, tendenziell war Chrom in Fülle immer weniger nachgefragt. Aus diesem Grunde hatte BMW bereits seit 1986 bei ausgewählten Außenfarben unter der Bezeichnung „Shadow-Line“ eine Sonderausstattung mit reduzierten Chromumfang angeboten. Dabei wurden Stoßfänger und Außenspiegel in Wagenfarbe lackiert und praktisch alle Seitenleisten, Fensterleisten und -Keder geschwärzt.

Mit diesem zweiten, bzw. dem großen Facelift (zum „NFL“) wurde diese Entwicklung zu einem modernen, dem Zeitgeist der sich entwickelten 1990er entsprechenden Automobil endgültig vollzogen. Massivere und nun aus Kunststoff gefertigte Stoßfänger, ein geändertes Frontblech und die vergrößertem Rückleuchten mit dem herunter gezogenen Heckblech verliehen dem Fahrzeug mehr Volumen. Chrom war nur noch an der BMW-Niere und, sofern nicht abbestellt, an der Typenbezeichnung und Teilen der seitlichen Fensterrahmen zu finden. Die Tatsache, dass die Karosserie ansonsten nahezu unverändert blieb (so waren die hinteren Radläufe ganz leicht weiter herunter gezogen worden) und dennoch in beiden Stilen erfolgreich war belegt, wie zeitlos das Design des E30 gelungen ist.

325iX Baur TC2, Modelljahr 1988 – 1990

Die Serienreife der Elektronik bei den E30 Modellen brachte eine weiteren Grund seiner Beliebtheit mit sich, der bis dato dieser Fahrzeugklasse unbekannt war – die Ausstattungsvielfalt. Angefangen von Klimaanlagen über Bordcomputer, Geschwindigkeitsregelanlagen, Sitzheizungen, elektrischen Fensterhebern und Schiebedächern, usw., bis hin zum ersten elektrisch verstellbarem Fahrwerk beim M3 – nahezu jeder vorstellbare Wunsch konnte realisiert werden und versprach Luxus. Mit ein Grund warum das Modell bei Selbst-Schraubern so beliebt ist, auch wenn die Preise für viele begehrte Nachrüst-Extras auf dem Gebrauchtmarkt inzwischen stark angezogen haben. Der stetige Niedergang des Fahrzeugbestandes fordert hier angesichts Angebot und Nachfrage leider seinen Tribut.

Apropos Fahrzeugbestand: Bis Produktionsende im April 1991 liefen 2.105.508 Limousinen von den Bändern, was ca. 90 Prozent aller produzierten E30-Modelle ausmacht. Auch unter Berücksichtigung, dass ein nicht unerheblicher Teil schon als Neuwagen direkt in den Export gegangen ist, führte das Kraftfahrt-Bundesamt im Jahr 2018 nur noch ganze 19.066 Exemplare in der Zulassungsstatistik – Tendenz leicht abnehmend. Interessanterweise macht die Limousine heute nicht einmal 41 Prozent des verbliebenen Gesamtbestandes aus! Darin enthalten sind übrigens auch die verbliebenen Exemplare des Baur TC2. Die genauen Zulassungszahlen, aufgegliedert nach Modellvarianten, finden Sie regelmäßig in unserer Clubzeitschrift „Der Doppelscheinwerfer“.

Insgesamt wurden bis Dezember 1993 (Produktionsende Cabrio und Touring) in den Werken München und Regensburg mehr als 2,3 Millionen Exemplare des E30 in einer enormen Anzahl von Modellvarianten gebaut. Es gab ihn in jeder Karosserieform, die man sich wünschen kann: Neben den hier angesprochenen Limousinen (wahlweise mit zwei oder vier Türen), auch gleich zweimal als Cabrio (Baur TC2 und Vollcabriolet), als Touring, als Roadster (der Z1 kam mit einer E30-Zulassung auf den Markt), als M3… Die offizielle Werksproduktionsliste umfasst alleine 23 Seiten nur mit E30-Varianten; in Deutschland führt das Kraftfahrt-Bundesamt mehr als 40 Typschlüsselnummern auf.

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