Der 3er E21

(1975-1984)

30 Jahre*. Mit 30 ist man schon ziemlich alt, oder? Und fängt allmählich an, nach grauen Haaren zu suchen. An der Kopfstütze von meinem 3er waren neulich ein paar … owei, jetzt bin ich wohl etwas vom Thema abgekommen.

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Eigentlich ging es ja um das bevorstehende Jubiläum: 30 Jahre 3er. Ja, wirklich, 30 Jahre. Im Mai 1975 lief im BMW-Werk 1 in Milbertshofen die Serienfertigung des E21 an. Und der E21 lief und lief und lief bis Ende Dezember 1983 vom Band. Für BMW-Maßstäbe ist das zwar nicht außergewöhnlich lange (sein Vorgänger, der -02 wurde z.B. 11 Jahre lang, von 1966 bis 1977, gebaut). Dennoch hält der E21 einen besonderen Rekord: Er ist das erste Modell in der Firmengeschichte von BMW, das mehr als eine Million mal gebaut wurde (1.364.039 E21 wurden insgesamt hergestellt). Außerdem ist die E21-Limousine das einzige BMW-Modell, das in der Fertigung sowohl mit ihrem Vorläufer als auch mit ihrem Nachfolger überlappt hat. Bis Juli 1977 wurde der E21 parallel zum 02 gebaut, ab September 1982 parallel zum E30. Normalerweise kommen solche zeitlichen Überlappungen – wenn überhaupt – nur mit „Nischenvarianten“ wir z.B. Cabriolets, nicht jedoch beim „Mainstream-Modell“ vor.

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Der Marktsituation kann man allerdings auch etwas positives abgewinnen (wir wollen ja nicht jammern …): Auch heute noch ist es möglich, einen ordentlichen E21 zu einem fairen Preis zu bekommen. Allerdings mehren sich die Anzeichen, dass die Zeit des preisgünstigen Einstieges in diese Form der Freude am Fahren allmählich aufhört: Die ersten Varianten (Baur TC aller Motorversionen und die Limousinen mit Einspritzmotor) haben in den letzten zwei Jahren preislich massiv angezogen, z.T. (320i) sind sie praktisch nicht mehr auf dem Markt zu finden, weil die wenigen „überlebenden“ Exemplare fest in Sammlerhand sind.

Was den E21 von seinen Mitbewerbern unterschieden hat, war nicht nur der Preis (der E21 war eindeutig als Premium-Produkt positioniert) sondern auch die Antriebs- und Fahrwerkstechnik.
Augenscheinlich wird das bei der Motortechnik: Zu Beginn gab es den E21 mit drei Vierzylinder-Motoren: 1,6 l / 90 PS (BMW 316), 1,8 l / 98 PS (BMW 318), 2,0 l / 109 PS (BMW 320). Alle Motoren entstammen der BMW-intern M10 genannten Motorenfamilie mit 5-fach gelagerter Kurbelwelle, kettengetriebener obenliegender Nockenwelle, je einem Ein- und Auslassventil je Brennraum. Abgestimmt waren diese Motoren auf Normalbenzin; die Gemischaufbereitung erfolgte mit einem Solex-Registervergaser 32/32 DIDTA mit Startautomatik. Mit ein paar Monaten Zeitverzögerung kam der 320i auf den Markt; dank Abstimmung auf Superbenzin und Gemischaufbereitung mit einer Bosch K-Jetronic kam der 2-Liter-M10 im 320i auf 125 PS. 1977 wurden dann die Motoren der Modelle 320 und 320i durch neu entwickelte Reihen-6-Zylinder-Motoren der Baureihe M60 (später M20 genannt) ersetzt: Der 320 bekam eine 2,0 l / 122 PS – Doppelvergaserversion, der 323i eine 2,3 l / 143 PS – Variante des M60 spendiert. Kurz vor Produktionsende wurde dann noch der 315 mit einem 75 PS – M10 nachgelegt.
Aus heutiger Sicht scheint diese Motorpalette recht normal, deshalb wollen wir die Uhr kurz um 30 Jahre zurückdrehen:
Die Mitbewerber (Audi 80, Ford Taunus, Opel Ascona, VW Passat) hatten eine Einstiegsmotorisierung von 55 PS aus 1,2 l bis 1,3 l Hubraum; beim Audi 80 / Passat war 1975 in Sachen Motorisierung bei 85 PS Schluss. Der E21 begann also leistungs- und hubraummäßig in etwa dort, wo bei der Konkurrenz die Motorenpalette aufhörte. Und die Idee eines 6-Zylinder-Reihenmotors in einem Fahrzeug dieser Klasse war geradezu revolutionär. Auch beim Fahrwerk wurde beim E21 nicht gespart: Die aufwendige, neu entwickelten Vorder- und Hinterachsen spendierte dem E21 ein Fahrverhalten, von dem die starrachsigen und zum Teil noch blattgefederten Fahrzeuge der Mitbewerber meilenweít entfernt waren. Dazu gab es kräftige Bremsen (ab 320i mit innenbelüfteten Scheiben vorne, 323i auch mit Scheiben hinten), bei denen Bremskraftverstärker und Bremskraftregler selbstverständlich waren (im Mitbewerb zum Teil aufpreispflichtiges Extra). Dazu computerberechnete Knautschzonen vorne und hinten und eine formstabile Fahrgastzelle.

316 Innenraum

Und eine Ausstattung, die zwar aus heutiger Sicht karg anmutet, aber damals nahezu luxuriös war: Als einziges Fahrzeug dieser Klasse hatte der E21 ein ergonomisch gestaltetes Cockpit (der Standard war damals etwas, was man zu Recht als Armaturen-Brett bezeichnete) aus hochwertigen, nachgiebigen, geschmackvollen Kunststoffmaterialien (damals war vielerorts billiges Holzimitat sehr beliebt). Ostereischalter fehlten, alles hatte seinen klar erkennbaren Ort, es gab ein Lenkrad mit großem, gepolsterten Pralltopf (die Lenkradnaben der Konkurrenz ähnelten zum Teil eher einem Stanzwerkzeug, das im Falle eines Unfalles gierig auf den Brustkorb des Fahrers lauerte), eine Heizung mit ordentlichem Luftdurchsatz und so exquisite Dinge wie eine Scheibenwischer-Intervallschaltung (bei der Konkurrenz Extra gegen Aufpreis), eine elektrische Scheibenwaschanlage (bei Ford trampelte man 1975 noch mit dem linken Fuß auf einem Blasebalg herum) oder eine serienmäßige Analog-Quarzuhr (bei allen Mitbewerbern aufpreispflichtiges Extra). Ungewöhnlich für damalige Verhältnisse war auch, dass es im Innenraum keine frei liegenden Blechteile gab. Alle Innenraumteile waren ordentlich und sicher hinter gepolsterten Verkleidungen versteckt.

So wirkt der E21 auch nach 30 Jahren technisch wie optisch immer noch recht frisch. Leider wird er gerade deshalb von allzu vielen (noch) nicht als erhaltenswürdig eingestuft. So wundert es kaum, dass inzwischen über 99% aller in Deutschland verkauften E21 in der Schrottpresse gelandet sind. Zur Zeit gibt es in Deutschland nur noch etwa 7.000 E21 3er.

Versetzen Sie sich noch einmal knapp drei Jahrzehnte in die Zeit zurück, in der der E21 das Laufen gelernt hat. Lesen Sie noch einmal nach, was Autotester im Jahr 1975 vom 02-Nachfolger gehalten haben.

* Falls Sie sich jetzt über einen offensichtlichen Recherchefehler unsererseits wundern: Ja, dieser Beitrag wurde in der Tat verfasst zum 30 jährigen Bestehen der BMW 3er Reihe E21. Damals schrieben wir noch das Jahr 2005. Im kommenden Jahr, also 2025, wird die Baureihe bereits ihren 50. Geburtstag feiern! Von den vor gut 20 Jahren noch gemeldeten 7.000 Fahrzeugen ist inzwischen knapp jedes zweite Auto von den deutschen Straßen verschwunden. So waren dem Kraftfahrt-Bundesamt in 2023 nur noch ganze 3.653 3er E21 bekannt. Immerhin befinden sich die Zulassungszahlen bereits seit einigen Jahren auf sehr stabilem Niveau.

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