Der 1975er E21

Es ist Frühling 1975.

Helmut Schmidt ist Bundeskanzler. Helmut Kohl wird Kanzlerkandidat der CDU – und hat 7 glücklose Jahre vor sich. Walter Scheel sitzt als Bundespräsident Hoch auf dem Gelben Wagen. Hans-Dietrich Genscher hat gerade vom Innen- zum Außenressort gewechselt, das er (von einem kurzen Wendemanöver 1982 abgesehen) noch 18 Jahre innehaben wird. Auf der anderen Seite der Mauer, die gerade erst 13 Jahre alt ist, ist Walter Ulbricht Generalsekretär der SED und Willi Stoph Staatsratsvorsitzender. Erich Honecker nimmt immer noch in kurzen Hosen als FDJ-Vorsitzender Fahnenapelle ab.
Aber zurück zur Bundesrepublik: Man wird neuerdings mit 18 (statt 21) Jahren volljährig. Die UNO hat das „Jahr der Frau“ ausgerufen. Die während der Ölkrise eingeführte Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 100 km/h ist wieder abgeschafft. Durch die Ölkrise gibt es erstmals in Deutschland eine Massenarbeitslosigkeit (1.047.000 gemeldete Arbeitslose), es herrscht Rezession, die Inflationsrate liegt zwischen 6 % und 7 %. Das Deutsche Institut für Normung (DIN) wird gegründet. Der Baader-Meinhoff-Prozess hat begonnen.Terroristen überfallen die Deutsche Botschaft in Stockholm und entführen den Bundestagsabgeordneten Peter Lorenz. In Helsinki wird die KSZE-Schlußakte unterzeichnet, der Suez-Kanal wird 8 Jahre nach dem 6-Tage-Krieg wieder für den Verkehr freigegeben. General Franco stirbt und König Juan Carlos I. besteigt den Thron. Die OPEC-Konferenz in Wien wird überfallen, 11 Minister werden als Geisel genommen, 3 müssen sterben. König Faisal von Saudi-Arabien wird ermodet. Als revolutionäre Neuheit wird das erste Flüssigkristall-Display der staunenden Öffentlichkeit vorgestellt.

Und was tut sich bei BMW?

Nach wie vor ist der 02er das Rückgrat des BMW-Erfolges. Aber nicht mehr lange, denn am 1.7.1975 kommt der Nachfolger des 02er in die Verkaufsräume: Der BMW E21, die erste 3er-Reihe. Anfänglich nur als Vierzylinder mit Vergasermotoren (1,6 l / 90 PS, 1,8 l / 98 PS und 2,0 l / 109 PS).

Nachfolger haben es nicht leicht. Dies gilt besonders für den Nachfolger eines Erfolgsautos. Daß der 02er ein solches Erfolgsmodell war, ist unbestritten. Rund 800.000 02er-Exemplare, so viele wie von keinem BMW zuvor, wurden bis zur Markteinführung des 3er gebaut. Und die Nachfrage nach dem 02er war weiterhin ungebrochen, so daß er auch nach Einführung des E21 als 1502 noch zwei Jahre weitergebaut wurde – als preiswerter Einstieg in die Freude am Fahren.

Wie wurde der Neue damals vom Publikum aufgenommen? Einige zeitgenössische Autotests zeigen, wie der Nachfolger des 02 damals auf Tester und Kundschaft gewirkt hat.

Bei der Vorstellung des E21 ließ BMW keinen Zweifel daran, daß bei der Entwicklung des E21 die Gewichtung zwischen Komfort und Sportlichkeit anders erfolgt ist, als bei seinem Vorgänger. Daher war für viele die wichtigste Frage, inwieweit BMW 316, 318 und 320 den spezifischen BMW-Charakter der Modelle 1602, 1802 und 2002 bewahrt haben. Schließlich sollte der Neue all das haben, was beim 02 am meisten vermisst wurde: Komfort und (passive) Sicherheit.

Für beides ist in erster Linie die Karosserie zuständig. Hier zeigte sich denn auch der Fortschritt am allerdeutlichsten. Abgesehen von der neuen Form bot die Karosserie eine Fülle von technischen Details, die in erster Linie der passiven Sicherheit dienten. So sorgten erstmals computerberechnete mehrstufige Knautschzonen, Hauben mit vorberechnetem Verformungsverhalten, eine steifere Dachkonstruktion und der unter die Rücksitze verlegte Tank für größere Überlebenschancen und geringeres Verletzungsrisiko der Insassen im Falle einer Kollision. Auch bei Innenraumgestaltung und -Ausstattung wurde der Sicherheitsgedanke konsequent weitergeführt. Dreipunkt-Automatikgurte halten die Frontinsassen zurück. Für die Fondpassagiere waren Automatikgurte (bis 4/79 leider nur gegen Aufpreis), später auch Kopfstützen (180 DM Aufpreis) lieferbar. Eine Verbundglas-Windschutzscheibe (während der ersten Fertigungsmonate gegen Aufpreis) schützte vor Schnittverletzungen in Falle eines (Un-)Falles und bewahrte die Sicht nach einem Steinschlagschaden. Armaturenbrett und Lenksystem (ein umschäumtes Lenkrad gab es anfangs leider nur gegen Aufpreis) waren so gestaltet, daß sie sich beim Aufprall nicht in den Innenraum eindrangen und sich definiert verformen und dadurch ernste Verletzungen verhindern. Bei sämtlichen Materialien der Innenausstattung wurde auf Schwerentflammbarkeit Wert gelegt.

Trotz dieser passiven Sicherheitsvorkehrungen wurde aus dem 3er kein unförmiger Sicherheitspanzer. BMW-spezifische Styling-Elemente konnten beibehalten werden, und in der Länge wuchs der Neuling gegenüber dem 02 nur um 9 cm. Mit einer Gesamtlänge von 4,35 m blieb auch der 3er-BMW ein äußerst kompaktes Auto, desen Formen allseits als gefällig empfunden wurden. Lediglich das Heck fand anfangs wenig Beifall. Vielen erschien es zu kahl und zu kleinwagenmäßig. Zudem war der Anblick eines unter der Stoßstange montierten Nummernschildes ungewohnt. Die Einführung der schwarzen Heckblende zwischen den Rückleuchten im Januar 1976 stimmte die Fachwelt versöhnlicher. Bei der Gestaltung des Innenraums wurde größter Wert auf Ergonomie gelegt. Die Armaturentafel wurde erstmalig bogenförmig um den Fahrer herum angeordnet. Somit waren für den Fahrer alle Bedienungshebel mühelos erreichbar. In langen Versuchsreihen wurde die Anordnung und Gestaltung der Bedienungselemente optimiert, damit man sich im E21 auch ohne Studium der Bedienungsanleitung schnell zurechtfindet. Die gut ablesbaren Rundinstrumente und Kontrolleuchten liegen vorbildlich im Blickfeld des Fahrers. Die rötliche, indirekte Armaturenbeleuchtung sowie die Hintergrundbeleuchtung der wichtigsten Bedienungselemente setzte Maßstäbe. Osterei-Schalter gab es nicht.

Auch im Innenraumangebot machte sich der Karosserie-Fortschritt bemerkbar. Fahrer und Co. fühlen sich in den gutgeformten Sitzen bestens aufgehoben, und das Raumgefühl, das der BMW E21 dabei vermittelte, hatte echtes Mittelklasseformat. Der Verstellbereich der Liegesitze war so reichlich bemessen, daß auch groß geratene Personen (wir wollen dabei nicht vergessen, daß die durchschnittliche Körpergröße in den vergangenen 30 Jahren zugenommen hat) keine Sitzprobleme hatten. Für ausgesprochene Sitzriesen waren zudem Vordersitze mit tieferer Sitzfläche lieferbar. Auf den Rücksitzen ging es naturgemäß etwas enger zu. Sitztiefe und Knieraum waren allerdings im Vergleich mit anderen Mittelklasse-Konkurrenten keineswegs so schlecht, wie die kompakten Abmessungen des E21 befürchten ließen. Der Einstieg nach hinten war dank der breiten und weit öffnenden Türen recht bequem.

BMW wurde nicht müde, auf das beim E21 im Vergleich zum 02 wesentlich verbesserte Heizungs- und Lüftungssystem hinzuweisen. Die Heizleistung und für die maximal durchsetzbare Luftmenge waren in der Tat imposant – die Regulierbarkeit jedoch nicht. So war es beispielsweise nicht möglich, Menge und Verteilung der beheizbaren Luft getrennt zu regeln. Auch war die Lufttemperatur vom Luftdurchsatz und dieser wiederum von der Geschwindigkeit abhängig, so daß der Fahrer gezwungen war, beim Tempowechsel die Temperatur nachzuregulieren. Eine zusätzliche Sommerbelüftung, für Fahrer und Beifahrer getrennt einstellbar, erfüllte ebenfalls nicht ganz den ihr zugedachten Zweck: Der größte Teil der Frischluftmenge zog nutzlos über die Köpfe der Passagiere hinweg, zudem auf Kosten der Fußraumbelüftung. An sehr heißen Tagen ließ sich daher ein Öffnen der Seitenfenster nicht vermeiden, wobei man sich wehmütig der vorderen und hinteren Ausstellfenster des alten 02 erinnerte.

BMW reagierte auf die berechtigte Kritik daran zum Teil bereits während des ersten Modelljahres durch Einführung verstellbarer Lüftungsdüsen, eines Schiebe-Hebedaches, einer Klimaanlage (für ein Auto dieser Klasse damals ein außergewöhnliches Extra) und hinteren Ausstellfenstern. Ab August 1979 kam eine komplett neue Heizung / Lüftung zum Einsatz.

Die Scheibenwischer (zwei Stufen, Intervall) befriedigten anfangs nicht voll. Bei höheren Geschwindigkeiten verloren sie den Kontakt zur Windschutzscheibe. Durch neu konstruierte Wischerarme konnte dieses Ärgernis 1978 abgestellt werden.

Im übrigen machten Karosserie und Verarbeitung von Beginn an einen soliden, durchdachten Eindruck. Nach Meinung zeitgenössischer Tester machte der E21 bereits nach den ersten Metern Fahrt deutlich, daß er ein echter BMW ist. Obgleich das neue Konzept fraglos mehr Komfort und weniger Sportlichkeit offerierte, vermittelte auch der 3er sehr viel fahrerisches Vergnügen.

Daß diese Freude am Fahren auch bei niedrigeren Geschwindigkeiten erhalten blieb, war in erster Linie der mühelosen und nahezu spielerischen Bedienung zu verdanken, denn Lenkkräfte und Pedaldrücke waren im BMW E21 für damalige Verhältnisse äußerst gering. Und das, obwohl eine Servolenkung in den ersten Produktionsjahren nicht lieferbar war. Der Eindruck hervorragender Handlichkeit wurde noch verstärkt durch den kleinen Wendekreis (ca. 10 m) und die gute Übersicht, die der Fahrer aus der üppig verglasten Karosse genießt.

Aber auch die Liebhaber zügiger Fahrweise kamen im BMW 320 voll auf ihre Kosten, wenn sie den wesentlich verbesserten Federungskomfort nicht als ein unsportliches Attribut akzeptierten. In der Tat neigte sich der E21 bei schneller Kurvenfahrt wegen der relativ weichen Federung im Vergleich zum 02 ungewohnt stark. Allerdings mußten dabei keinerlei Abstriche an der erreichbaren Kurvengeschwindigkeit gemacht werden. Nur bei schnellen Wechselkurven (Wedeln) konnte sich die weiche Querfederung des Aufbaus störend bemerkbar machen. Wohl auch aus diesem Grund bot BMW für die Dreier-Reihe einen härteren Vorderachsstabilisator in Verbindung mit einem zusätzlichen Stabilisator für die Hinterachse an (Aufpreis anfänglich DM 98,-, später wurden die Stabilisatoren, Federwege und -härte mehrfach überarbeitet). Das Aufgeld war bei bevorzugt sportlicher Fahrweise gut angelegt. Ansonsten waren die Fahreigenschaften des E21 weitgehend neutral und sicher, mit einer leichten Neigung zum Übersteuern im Grenzbereich, spätere Exemplare neigten im Grenzbereich eher zum Untersteuern.

Die neue Zahnstangenlenkung, die sich besonders durch ihre Leichtgängigkeit und Exaktheit auszeichnete, hatte an der Handlichkeit und guten Beherrschbarkeit des Wagens wesentlichen Anteil. Jedenfalls, wenn der Wagen einen Lenkungsdämpfer hat. Beim 316 / 318 war der Lenkungsdämpfer, zum Teil in Kombination mit bestimmten Rad-/Reifenkombinationen, nur gegen Aufpreis erhältlich. Ohne Lenkungsdämpfer wurde die Lenkung als stößig und unkultiviert beschrieben.

Daß der subjektiv empfundene Fahrkomfort eines Automobils im wesentlichen von zwei Komponenten, nämlich von der Härte der Federung und vom Innengeräusch, bestimmt wird, dafür war auch der neue E21 ein deutlicher Beweis. Größere Federwege und eine ziemlich weiche Abstimmung der Vorderachse machten den E21 zu einem gut gefederten Auto, das in seiner Klasse kaum Konkurrenz zu fürchten brauchte. Der Abrollkomfort war ausgezeichnet, die Federung absorbierte fast alle Unebenheiten klaglos. Nur starke Bodenwellen erzeugten bei hoher Geschwindigkeit an der relativ hart gefederten Hinterachse einen Katapulteffekt, der nicht in das positive Gesamtbild paßte. Grund genug für BMW, Härte der Federung und Federwege nach den ersten kritischen Testberichten zu modifizieren. Die Vorderachse quittierte Querfugen mit Stuckern und zeigte außerdem eine ausgeprägte Empfindlichkeit gegen Reifenunwucht.

Rund 37 Kilogramm an schallschluckendem Dämmaterial und die in solide Rahmen gefaßten Seitenfenster sorgten dafür, daß der Innengeräuschpegel in für damalige Verhältnisse angenehmen Grenzen blieb.

Subjektiv war der 320 ein wesentlich ruhigeres Auto als der alte 2002. Daß nach den Meßwerten nur relativ geringe Verbesserungen erzielt wurden, hängt in erster Linie damit zusammen, daß der Motor des 320 wegen der kürzeren Hinterachsübersetzung bei gleicher Geschwindigkeit höher dreht. Auch zeigten die modifizierten Motoren der Dreier-Reihe im oberen Drehzahlbereich (ab 5800 U/min) eine verstärkte Brummneigung, die unter anderem mit der geänderten Brennraumform zusammenhängt.

Dennoch bot der 320 in seiner Klasse einen insgesamt so guten Gesamtkomfort, daß auch lange Reisen nicht zur Strapaze ausarteten.

BMW hat ein weiteres Kunststück fertiggericht: Aufgrund verschärfter Umweltauflagen mußte der Bleianteil im Benzin zum 1.1.1976 auf weniger als 1/3 des bis dahin üblichen gesenkt werden. Im Zusammenspiel mit der damaligen Raffinerietechnik konnte dies zu spürbaren Qualitätseinbußen fühen. Während die Motoren fast aller anderen Automobilhersteller deshalb und wegen der gleichzeitig verschärften Abgasgesetze an akutem PS-Schwund litten, sind die Vergaser-Triebwerke der Dreier-Reihe im Vergleich zum 02er durchweg stärker geworden. Dieser Umstand ist um so erstaunlicher, als sich alle Vergasermotoren des Modelljahres 75/76 mit Normalbenzin statt Super zufriedengegeben haben. Um dieses Ziel – höhere Leistung bei geringeren Kraftstoffansprüchen – zu erreichen, mußten sich die bewährten Vierzylinder-Aggregate einige Modifikationen gefallen lassen. Es wurde nicht nur das Verdichtungsverhältnis reduziert (8,1:1 beim 320 statt 8,5:1 beim 2002), auch die Brennraumform wurde so umgestaltet, daß der Oktanzahlbedarf erheblich absank. Zur Kompensierung der damit verbundenen Leistungseinbußen wurden alle Triebwerke anstelle des bisherigen Einfachvergasers mit einem Solex-Stufenvergaser ausgerüstet.

Bei der Auspuffanlage hat man das Kunststück fertiggebracht, leistungsfreundlichere Auslegung mit verbesserter Geräuschdämmung zu verbinden. Die Leistung der drei Vierzylinder-Vergasermotoren wuchs um fünf (316) bis neun PS (320), wenn auch bei leicht erhöhtem Drehzahlniveau. Wie die Testwagen bewiesen, gewannen die Motoren zusätzlich an Laufkultur, was wohl in erster Linie auf die sorgfältige Abstimmung des Solex-Stufenvergasers zurückzuführen ist. Besonders im unteren Drehzahlbereich gab sich der 320 so elastisch, daß der Schalthebel im Stadt- oder Bummelbetrieb nur äußerst selten betätigt werden mußte.

Ungeachtet dessen haben die spontane Kraftentfaltung und das Drehvermögen der bayerischen Edelaggregate nicht gelitten. Bei 6400 U/min verhindert ein Drehzahlbegrenzer unabsichtliches Überdrehen, das wegen der angeborenen Drehfreudigkeit und dem kurz übersetzten Achsantrieb ohne weiteres möglich gewesen wäre. Kaltstart und Startverhalten waren stets tadellos, und der Tritt aufs Gaspedal wurde so spontan mit Beschleunigung beantwortet, wie sich dies BMW-Fahrer nur wünschen können. Kein Wunder also, daß die Fahrleistungen des 320 alles andere als phlegmatisch waren, wenn auch das sanfte Motorgeräusch und die weichere Federung eher einen anderen Eindruck erwecken mußten. Sowohl in der Beschleunigung wie in der Höchstgeschwindigkeit erreichte der 320 annähernd die gleichen Werte wie der gute alte 2002, und auch bei den schwächeren Modellen sind keine signifikanten Unterschiede feststellbar. Dabei wird das um rund 40 kg höhere Gewicht der Dreier-Reihe teils mit der höheren Leistung und beim 320 auch mit einer gegenüber dem 2002 um ca. 7 Prozent kürzeren Achsantriebsübersetzung ausgeglichen.

Die kürzere Achse des 320 hat freilich Vor- und Nachteile. Auf der Landstraße erspart sie Schaltarbeit und sorgt zweifellos für eine größere Lebendigkeit. Auf der Autobahn hingegen erreicht der 320 sogar in der Ebene die Abschaltdrehzahl, die bei Testwagen (320 mit 4-Gang-Schaltgetriebe) einer Geschwindigkeit von 180 km/h entsprach. Höhere Geschwindigkeiten waren, auch am Gefälle und bei Rückenwind, nicht realisierbar. Damaligen Testern erschien daher die gewählte Achsantriebsübersetzung des 320 als etwas zu kurz, zumal BMW als Dauerdrehzahl nur 6000 U/ min zuläßt, was einer Geschwindigkeit von gerade einmal 165 km/h entsprach. Hohe Literleistung und geringer Oktanzahlbedarf sind offensichtlich keine unvereinbaren Gegensätze – das hat zuvor schon Porsche bewiesen. Doch darf nicht übersehen werden, daß die Entscheidung für Normalbenzin nicht aus technischen, sondern mehr aus marktpolitischen Gründen getroffen wurde. Denn über eines waren sich die Techniker bei BMW im klaren: Die Verwendung von Super (auch mit der problematischen Qualität 1976), würde unterm Strich einen noch wirtschaftlicheren Betrieb ermöglichen – bei höherer Leistung. Dennoch – die neuen BMW waren beileibe keine Säufer.

Der 320 verbrauchte im Durchschnitt 13,1 Liter auf 100 km, die schwächeren Modelle begnügten sich mit noch etwas weniger. Solche Werte mögen aus heutiger Sicht inakzeptabel klingen. Wenn man bedenkt, daß die Ingenieure damals ohne jede Form der Elektronik auskommen mussten (d.h. mechanische Zündanlage mit Unterbrecherkontakt und Fliehkraft- sowie Unterdruckverstellung des Zündzeitpunktes statt digital gespeichertem Kennfeld, keine Klopfregelung, fester Schließwinkel, festes Timing des Ventiltriebes, Vergaser mit mechanischer Steuerung der Gemischbildung statt elektronischer Regelung aufgrund Betriebszustand und aktueller Abgaszusammensetzung), sind diese Werte imponierend. Zum Vergleich: Der 320 brauchte genauso viel oder wenig Benzin wie ein VW Käfer mit 1,2 l Hubraum und 34 PS des gleichen Baujahres.

Damalige Vergleichstests bescheinigten dem E21 eine Anspruchsvolle Stellung in der Mittelklasse, die der Konkurrenz nur noch die Möglichkeit bot, ihn vom Preis her zu unterlaufen. Das allerdings fiel der Konkurenz auch nicht schwer: Der Preis des E21 war derart hoch, daß er, wie damals ein Tester anmerkte, „ihn für viele zum Traumauto werden läßt. Dennoch ist er seinen Preis wert, gibt es doch sonst kaum ein Auto in dieser Kategorie, das so viele erstrebenswerte Eigenschaften in sich vereinigt. Die bayerische Synthese von Leistung, Komfort und Sicherheit ist fraglos auch bei dieser neuesten Baureihe wieder sehr gut gelungen.“

Ein Blick in die Preisliste vom Juli 1975 offenbart, daß der E21 ein vergleichsweise teures Auto war:

Zum Vergleich: 1975 kostete ein Audi 100 ca. 6100 €, ein Ford Escort ca. 4400 €, ein Mercedes 200 ca. 8550 € und ein VW Golf ca. 4500 €.

BMW 316 6954 €
BMW 318 7373 €
BMW 320 7838 €
Aufpreise:  
Automatikgetriebe (318/320) 690 €
Automatikgurte hinten 86 €
Verbundglas-Windschutzscheibe 88 €
Nebelscheinwerfer 107 €
Nebelschlußleuchte 22 €
Halogenscheinwerfer (318/320 Serie) 49 €
Außenspiegel rechts 14 €
Verbandkasten / Warndreieck 26 €
Sperrdifferential 274 €
verstärkte Stabilisatoren 50 €
Reifen 185/70R13 statt 165R13 112 €
Reifen 165R13 auf Alufelgen 392 €
Reifen 185/70R13 auf Alufelgen 504 €
Drehzahlmesser (320: Serie) 107 €
Sportlenkrad 61 €
Stahlschiebe-/Hebedach manuell 355 €
Ausstellfenster hinten 72 €
Wärmeschutzverglasung mit VG-Frontscheibe 194 €
Klimaanlage mit WS-Verglasung 1277 €
Recaro-Sitze vorne 194 €
Niedrige Vordersitze 10 €
Umschäumtes Lenkrad 27 €
Anhängerfederung 23 €
Metallic-Lackierung 291 €
Kunstleder-Polsterung 49 €
Fußmatten 53 €
Handschuhfach abschließbar 12 €
Tankverschluß abschließbar (318/320 Serie) 14 €
Radio BMW Bavaria (L/M/K/U/U/U) Mono 223 €
Radio Blaupunkt Frankfurt (L/M/K/U/U) Mono 266 €
Radio Becker Grand Prix (L/M/K/U/U) Mono m. Suchlauf 379 €
Radio Blaupunkt Frankfurt (L/M/M/K/U/U/U/U) Stereo 455 €

Kommentare sind geschlossen.